Heute habe ich für euch die Anleitung zur Züchtung von Lievito Madre. Dies ist eine milder und eher fest geführter, italienischer Sauerteig. Er wird auch Mutterhefe genannt. Es sind inzwischen auch andere schnellere Methoden zur Züchtung bekannt, zum Beispiel mit Fermentwasser, aber hier und jetzt erstmal die „klassische“ Version für euch. Viele Leser haben mich auch immer wieder gefragt, was Lievito Madre eigentlich ist und einige warten schon sehnsüchtig auf dieses Rezept. Hier ist es nun…♥
Ich habe meine(n) Lievito Madre vor rund zwei Jahren nach dem Rezept vom Boulancheriechen gezüchtet. Darauf beruht auch diese Anleitung hier für euch. Ich bin heute noch sehr froh, dass ich damals die Anleitung auf dem Blog vom Boulancheriechen durch Zufall entdeckt habe. Im ersten Moment erscheint die Züchtung etwas kompliziert und langwierig, aber kompliziert ist es eigentlich gar nicht. Deshalb hatte ich vor einiger Zeit mit ein paar Mitgliedern meiner Facebook-Gruppe auch schon mal einen Lievito Madre zusammen gezüchtet. Immerhin dauert das etwa drei Wochen. Ich habe gemerkt, dass das einige abschreckt. Sauerteig dauert ja im Gegensatz dazu nur einige Tage. Aber eure Geduld wird belohnt, mit einem tollen italienischen Weizensauerteig.
Für mich ist es im übrigen DER Lievito Madre, obwohl es eigentlich korrekt DIE Lievito Madre heißt. Aber da es ja eine Art Sauerteig ist, bleibe ich jetzt mal bei DER Lievito Madre. So hat sich das im Allgemeinen auch eingebürgert.
Ich bin jedesmal wieder aufs neue begeistert. Am liebsten würde ich nach dem Füttern die ganze Zeit neben dem Glas stehen und zuschauen wie er immer größer und größer wird. Es ist und bleibt für mich faszinierend!
Ein wenig Geduld ist zwar gefragt, aber es lohnt sich wirklich ihn zu züchten. Denn er bewirkt einen sensationellen Ofentrieb und somit sehr lockere, fluffige Backwaren. Der Hefeanteil kann dabei deutlich reduziert werden. Ein weiterer Vorteil ist die milde Säure. Er ist viel milder, als herkömmlicher Sauerteig. Die Anleitung zum Züchten von klassischem Sauerteig findet ihr übrigens hier. Die Gärprozesse erfolgen im Lievito Madre scheinbar durch sogenannte Nektarhefen aus dem zugesetzten Honig.
Wofür kann ich Lievito Madre benutzen?
Typischerweise sind italienische Backwaren ja eher hell. Also Weißbrote, Pizza, usw…Dafür ist der Lievito Madre natürlich auch bestens geeignet und wird klassischerweise auch dafür verwendet. Jedoch gebe ich meinen Madre auch sehr gerne mit in süße Hefeteige und habe auch keine Scheu ihn in Brotteigen mit dunklerem Mehl einzusetzen.
In meinem Rezept für´s Fladenbrot (Pide) hat er sich übrigens auch sehr gut gemacht, auch wenn das nicht gerade sehr italienisch ist. 😉
Hier findet ihr meine bisherigen BROT-Rezepte mit Lievito Madre und hier die BRÖTCHEN-Rezepte mit Lievito Madre. Besonders heiß geliebt sind davon bei uns meine Schmandwecken.
Aber wie schon erwähnt, finde ich Lievito Madre auch besonders toll in süßem Hefegebäck. Einige Beispiele hierfür wären mein Hefezopf mit Kürbis, meine Erdbeer-Pudding-Schnecken oder auch meine Nuss-Nougat-Schnecken.
Also fangt am besten sofort an, euch einen Lievito Madre zu züchten, es looohnt sich!! ♥
Zutaten für den Lievito Madre:
- 600 g Weizenmehl 550 (ersatzweise auch Dinkelmehl Type 630; auch Vollkornmehl ist möglich)
- 280 g Wasser
- 1-2 El Olivenöl, am besten kalt gepresst
- ca. 10g Honig, am besten kalt geschleudert
- Geduld ♥
Anleitung: Lievito Madre züchten
1. Schritt ⇒ Tag 1
- 200 g Mehl
- 100 g Wasser, lauwarm
- 10g Honig
- etwas Olivenöl
- Alle Zutaten gründlich verkneten (Thermomix: 2 Min./ Teigknetstufe),
- dann zu einer Kugel formen.
- Danach mit dem Öl großzügig einreiben,
- kreuzförmig einschneiden und
- in ein großes Glas oder eine Glasschüssel legen.
- Abgedeckt (mit Deckel oder Klarsichtfolie) bei Zimmertemperatur für etwa 48 Stunden stehen lassen.
2. Schritt ⇒ Tag 3 (füttern)
- 100 g vom Teig aus dem 1. Ansatz/ Schritt 1
- 100 g Mehl
- 45 g lauwarmes Wasser
- etwas Olivenöl
- Alle Zutaten miteinander verkneten (Thermomix: 2 Min./ Teigknetstufe),
- zu einer Kugel formen,
- mit Olivenöl einreiben,
- kreuzförmig einschneiden und
- in das Glas oder die Glasschüssel legen.
- Wieder für 48 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen.
- Ein leicht (angenehm) säuerlicher Geruch ist gewünscht und als Erfolg zu werten.
- Den REST vom 1. Ansatz/ Schritt 1 könnt ihr so verbacken (Er besitzt noch KEINE Triebkraft!). Dass heißt, einfach mit in den nächsten Teig für Brot, Brötchen oder Gebäck geben. gegebenenfalls eine Prise mehr Salz hinzufügen, wegen der größeren Teigmenge. 😉
- Der REST kann alternativ auch bis zum nächsten Backen im Kühlschrank aufbewahrt werden.
- So macht ihr das dann auch mit den zukünftigen Resten.
3. Schritt ⇒ Tag 5 (2. mal füttern)
- 100 g vom Teig aus Schritt 2
- 100 g Mehl
- 45 g lauwarmes Wasser
- etwas Olivenöl
- Alle Zutaten miteinander verkneten (Thermomix: 2 Min./ Teigknetstufe),
- zu einer Kugel formen,
- mit Olivenöl einreiben,
- kreuzförmig einschneiden und
- in das Glas oder die Glasschüssel zurück legen.
- Danach wieder abdecken, für etwa 2 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen und danach
- für 5 Tage in den Kühlschrank geben.
4. Schritt ⇒ Tag 11 (3. mal füttern)
- 100 g vom Teig aus Schritt 3
- 100 g Mehl
- 45 g lauwarmes Wasser
- etwas Olivenöl
- Alle Zutaten miteinander verkneten (Thermomix: 2 Min./ Teigknetstufe),
- zu einer Kugel formen,
- mit dem Olivenöl einreiben,
- kreuzförmig einschneiden und
- wieder in das Glas oder die Glasschüssel legen, wieder abdecken und
- für etwa 2 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen und danach
- erneut für 5 Tage in den Kühlschrank geben.
5. Schritt ⇒ Tag 16 (4. mal füttern)
- 100 g vom Teig aus Schritt 4
- 100 g Mehl
- 45 g lauwarmes Wasser
- etwas Olivenöl
- Alle Zutaten miteinander verkneten (Thermomix: 2 Min./ Teigknetstufe),
- zu einer Kugel formen,
- mit dem Olivenöl einreiben,
- kreuzförmig einschneiden und
- wieder in das Glas oder die Glasschüssel legen, wieder abdecken.
- und für etwa 2 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen.
- Danach erneut für 5 Tage in den Kühlschrank geben.
6. Schritt ⇒ Tag 21 (fertig!)
Juchhu… der Lievito Madre ist endlich fertig!
- Dieser eigentlich fertige Lievito Madre hat jetzt zwar noch nicht die volle Triebkraft, aber ihr werdet den Unterschied schon merken.
- Ab jetzt heißt es hegen und pflegen! Je öfter ihr ihn ab jetzt füttert, desto schneller gewinnt er an Triebkraft.
- Wenn ihr jetzt damit backen wollt, würde ich ihn noch mindestens einmal füttern und 4-24 Stunden warm bzw. bei Zimmertemperatur stehen lassen (wie unten beschrieben).
- Danach kommt ein Teil wieder in den Kühlschrank.
- Manchmal braucht euer LM jetzt aber noch einige Fütterungen, um richtig auf Trapp zu kommen. Sollte dies der Fall sein, könnt ihr die Fütterung jetzt erstmal im 4-Stunden-Takt vornehmen, bis der LM-Ansatz ordentlich mit Luftblasen durchsetzt ist.
Pflege und Tipps:
- Mit der Zeit wird Lievito Madre immer besser und bekommt einen stärkeren Ofentrieb. So wie „normaler“ Sauerteig auch.
- Deshalb NIE (!) (aus Versehen) alles vom Lievito Madre verbrauchen beim Backen!
- Er sollte möglichst spätestens nach 8-10 Tagen gefüttert werden, damit er nicht träge wird.
- Die bestehende Lievito Madre Kultur wird immer nach dem gleichen Prinzip aufgefrischt:
1 Teil LM + 1 Teil Mehl + etwa die Hälfte Wasser verkneten
⇒ also z.B. 100 g LM, 100 g Mehl, 45-50 g Wasser - Zum Auffrischen braucht er nun in Zukunft NICHT mehr leicht eingeölt, zu einer Kugel geformt und eingeschnitten zu werden. Er kann einfach so ins Glas gegeben werden. Aber ihr solltet ab und zu das Glas wechseln.
- Nach dem Füttern für mindestens 4 Stunden an einem warmen Ort ruhen lassen ODER füttern und bis zu 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen.
- Sollte der Lievito Madre doch mal etwas träge geworden sein, weil er z.B. etwas länger auf die Fütterung warten musste, hilft es ihn nach dem füttern an einen warmen Ort zu stellen und gegebenenfalls mehrmals hintereinander zu füttern (z.B. alle 4 Stunden). So wird er nach meiner Erfahrung sehr schnell wieder ordentlich aktiv. Notfalls kann auch mal ein halber Teelöffel Honig beim Füttern hinzugefügt werden.
- Eine gute Möglichkeit einen trägen LM wieder aktiver zu machen, ist die Fütterung mit etwas dunklerem Mehl (oder sogar Vollkornmehl). Dunklere Mehlsorten (z.B. Weizenmehl Type 1050) bieten den Mikroorganismen mehr Nährstoffe und Vitamine. Diese unterstützen deren Stoffwechsel und die Kultur kann sich besser entfalten. Es macht durchaus Sinn, euren LM ab und zu „einfach mal so“ mit dunklerem Mehl zu füttern, um eventueller Trägheit vorzubeugen.
- Wenn ich zum Beispiel in den Urlaub fahre, füttere ich ihn noch fester. Ich gebe dann gerade mal soviel Wasser schluckweise hinzu, dass sich gerade noch ein zäher Teig bildet. Dann lasse ich ihn 4 Stunden ruhen und stelle ihn anschließend in den Kühlschrank. Nach dem Urlaub füttere ich meinen Lievito Madre dann gleich wieder „ganz normal“.
- Das besondere an Lievito Madre ist, dass er direkt aus dem Kühlschrank in den Brotteig gegeben werden kann.
- Es werden in der Regel etwa 10-30 % Lievito Madre im Bezug auf die Mehlmenge zum Teig hinzugegeben.
- Um die bestmöglich Triebkraft „herauszuholen“, ist es aber sehr sinnvoll mindestens 4 Stunden (bis zu 24 Stunden) vorher eine Auffrischung durchzuführen.
- Der nicht verbackene Rest kann nach der Fütterung dann wieder in den Kühlschrank gegeben werden, bis er erneut vor dem Backen gefüttert wird.
- Zur Aufbewahrung bevorzuge ich aus Gefäße aus Glas. Das finde es hygienischer und damit habe ich auch bisher die besten Erfahrungen gesammelt. Wir wollen ja nicht die falschen Kulturen züchten. 😉 (In anderen Gefäßen gelingt das Züchten aber auch.)

Nach dem füttern…

…und wenige Stunden später.
- Das Glas sollte IMMER groß genug sein, in das ihr euren Lievito Madre füllt. Der weiße Ring markiert die ursprüngliche Füllhöhe nach dem Füttern.
- Wenn der LM doch mal überläuft, dann trockne ich mir den übergelaufenen Rest und male ihn anschließend. So habe ich zum einen sozusagen eine Art Trockensauerteigextrakt und zum anderen eine Sicherung.
♥ Viel Spaß und Erfolg beim Züchten! ♥
Hallo Sonja, habe das erste Mal LM angesetzt und ein Teil steht auch schon „gefüttert“ im Kühlschrank. Als Neuling hab ich ein paar Fragen: – was mache ich mit den Resten, die beim füttern übrig bleiben und fleißig vor sich hin arbeiten im Kühlschrank?
– Kann ich außer backen auch einen neuen LM ansetzen?
– Wenn ich die zum backen nehme, nehme ich dann von einer anderen Zutat weniger? Danke vorab, Gaby
Hallo Sonja,
Kann ich den LM auch mit Weizenvollkornmehl ansetzen und züchten?
Ich backe eigentlich grundsätzlich nur mit Vollkornmehl.
LG Daniela
Liebe Daniela, ja das kannst du auch mit Vollkornmehl machen oder umzüchten. 🙂 LG Sonja
Gibt es eine Umwandlungformel für Hefe? Zum Beispiel, wievel g Lievito Madre ersetzen 40g Hefe?
Danke im voraus,
Ingrid
Liebe Ingrid,
es kommt immer etwas aufs Rezept an. Ich nehme in der Regel so etwa 75g aufgefrischten Lievito Madre für 5g frische Hefe. 40g Hefe würde ich zum Beispiel nicht komplett ersetzen, aber das ist auch sehr viel Hefe und eigentlich nicht nötig für Hefeteige. Als Beispiel: Statt 10g Hefe nehme ich 5g Hefe und 75g LM.
Wenn du weitere Fragen hast, melde dich gerne…Gruß Sonja
Danke, Sonja. Das mach alles klarer! Liebe Grüße von Australien, Ingrid